
Vom sich-selbst-Mitnehmen, panierten Schnitzeln und unliebsamen Mitbewohnern
Das Baby schläft seelenruhig allein in seinem Bettchen. Die Große spielt friedlich für sich. Der Mann macht … irgendwas und ich sitze ganz entspannt mit einem Getreidekaffee auf dem Balkon, blicke aufs Meer, bin tiefenentspannt und tue nichts. Ähm ja. Nein.
Erste Erkenntnis nach einer Woche im neuen Leben: Du nimmst dich selbst immer mit. Und deine Kinder. Und deine dreckige Wäsche. Außerdem: In Spanien scheint es keinen Getreidekaffee zu geben. Mist.
Ok, also Erwartungen runterschrauben, annehmen, was ist, und das Beste daraus machen. Gelingt mir ja immer nur so semi gut. Habe ich mir aber ganz weit oben auf die möchte-ich-während-unserer-Reise-dran-arbeiten-Liste gesetzt.
Generell klingen Dinge in meinem Kopf oft viel schöner und entspannter, als sie es dann in Wirklichkeit sind. Der Flug zum Beispiel. Ich: „Ach, was sind schon fünf Stunden! Kann doch nicht so schlimm sein!“ War auch nicht wirklich schlimm, aber schön ist auch anders. Als großer Mensch hat man es ja eh schon schwer im Flugzeug. Mit Baby auf dem Schoß wirds nicht bequemer. Und mit Baby auf dem Schoß, das aufgrund der neuen Umgebung plötzlich ständig Verdauung hat, erst recht nicht. Aber gut, irgendwann waren wir dann tatsächlich da und eine lange Busfahrt später dann auch in der Unterkunft. Für viel mehr als todmüde ins Bett zu fallen, hat es dann an diesem Abend auch nicht mehr gereicht.
Der nächste Morgen geht gut los: Wir entdecken eine süße kleine Bäckerei mit einer unglaublich lecker aussehenden Auswahl an Torten, Gebäck und allem, was das Naschherz begehrt. Hier muss ich mich die nächsten Wochen auf jeden Fall durch die Auslage probieren!
Weiter geht es zum nächstgelegenen Supermarkt, der zu meiner großen Enttäuschung ein Lidl ist. Ich liebe es ja, im Ausland in Supermärkte zu gehen und mir gaaaanz in Ruhe ALLES anzuschauen. Und ich meine wirklich alles! Man lernt neue Vokabeln und ich staune, was es alles so gibt, was wir in Deutschland nicht haben. Da ist mir Lidl natürlich viel zu unexotisch. Macht aber nichts, denn ausgedehnte Supermarkttouren klappen eh nicht so gut mit Baby im Tuch, das nach fünf Minuten beschließt, es möchte doch eigentlich lieber aussteigen, und mit großem Kind, das wie ein Flummi durch die Gänge hüpft und schreit „Ich will Eis, ich will Eis, ich will Eis“. Aber, was soll ich sagen, so einen gut sortierten und modernen Lidl habe ich in Deutschland noch nicht gesehen.
Der Rest des ersten Tages vergeht mit Nahrungszubereitung und -aufnahme, Erkundung der näheren Umgebung und Bestaunen des Festumzugs zu Ehren der Schutzpatronin des Ortes. Ok, Mann und großes Kind staunen, Baby und ich stillen im fensterlosen Schlafzimmer. Nachdem die Große bereits angekündigt hatte, sich Kopfhörer aufsetzen zu wollen, wenn das Feuerwerk am Abend losgeht (gegen Lärm aller Art ist sie ziemlich empfindlich, außer, sie macht ihn selbst), bin ich froh, dass sie schon schläft, als es losgeht. So ungefähr stelle ich es mir im Schutzbunker vor, wenn draußen die Bomben einschlagen.

Am nächsten Tag geht es endlich an den Strand. Gleich auf der anderen Straßenseite liegt ein süßer kleiner Strand, der interessanterweise ab dem späten Nachmittag fast komplett überflutet ist (einmal hat es fast unsere Strandmuschel erwischt). Nächste Erkenntnis: Coole Mama sein und dem Baby das Gefühl von Sand zwischen den Fingern ermöglichen wollen hat seinen Preis: Das Baby sieht aus wie ein paniertes Schnitzel (danke, Sonnencreme) und es rieselt auch noch Tage später Sand aus der Windel. Aber zum Glück machen wir ja Baby-led-waening, da darf das Baby von Anfang an alles essen. Also auch Sand.

Irgendwie war ich ja der Meinung, ich hätte auf Reisen mehr Zeit als Zuhause. Den Zahn kann ich mir aber ganz schnell ziehen. Der Rest der Woche vergeht mit noch mehr Gegend erkunden, an den Strand gehen und die Sonne genießen (beziehungsweise genießen, dass sie irgendwann nicht mehr ganz so heiß scheint), aber eben auch vielen Sachen, die auch zuhause anfallen, wie Kinder baden, Windeln wechseln, Wäsche waschen, Essen einkaufen und kochen, ein bisschen putzen, spielen, trösten usw.
Und dann haben wir ja noch unsere Mitbewohner. Gestatten: die Cucarachas. Jup. Kakerlaken. Der Mann hat sich ihnen todesmutig mit Schädlingsvernichter entgegengestellt, aber das hat sie nicht wirklich beeindruckt. Ein paar Tage später war der Kammerjäger da, komplett tiefenentspannt. „Nöö, das Spray ist nicht schädlich für die Kinder, da passiert nix. Ne, ne, alles gut.“ Das konnte ich nicht so recht glauben und fragte noch zwei Mal nach und plötzlich fiel ihm ein, dass es vielleicht doch eine gute Idee wäre, wenn wir uns jetzt mal für drei Stunden aus der Wohnung verabschieden würden. Vielleicht wollte er aber einfach auch nur seine Ruhe haben. Jedenfalls hoffen wir, dass wir nun unsere Ruhe vor den Kakerlaken haben, nachdem dem Baby letzte Nacht fast eine übers Gesicht gelaufen wäre, sehen wir es vor unserem inneren Auge schon freudestrahlend an einer lutschen.

Neben all den aufregenden, spannenden und schönen neuen Eindrücken, hat sich hier und da auch ein bisschen Wehmut in die erste Woche auf Teneriffa geschlichen. Alles ist noch ein bisschen fremd, es sind eben doch nicht die eigenen vier Wände und mir fehlen viele liebe Menschen jetzt schon. Und manchmal auch der Kindergarten. Aber ich glaube, das mit uns und der Reise, das wird noch. Ich war eh noch nie der Typ für Liebe auf den ersten Blick.

4 Gedanken zu „Vom sich-selbst-Mitnehmen, panierten Schnitzeln und unliebsamen Mitbewohnern“
Cool, dass ihr euch dazu entschlossen habt, einen Blog zu schreiben!
Sehr ich auch so.
Wir sehr finden Das auch!
Liegen gerade auf der Couch vorm Ventilator, essen ein Eis, Bud Spencer (Futtetenne) singt uns etwas vor und lassen bei eurem Blog den Tag ausklingen.
Wir sind in Gedanken bei Euch … hach Tenneriffa…
… nehmt uns weiter mit 😉
LG aus dem heißen Deutschland
Vielen Dank euch allen. Schön, dass euch unser Blog gefällt und ihr an uns denkt.