Von zerstörerischen Adern, kleinen Juwelen und Kaffee, von dem man sich auch gerne mal zwei Tassen leisten kann

Von zerstörerischen Adern, kleinen Juwelen und Kaffee, von dem man sich auch gerne mal zwei Tassen leisten kann

Wenns läuft, dann läufts. Gilt auch für Unangenehmes. Zum Beispiel Dinge in Airbnb-Wohnungen kaputt machen. Innerhalb von drei kurzen Tagen kamen wir auf die beeindruckende Bilanz von zwei Weingläsern, einem Wasserglas, einem Standmixer (Anleitung so: Ja, kann auch Eiswürfel zerkleinern. Mixer so: Wuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuumuuuuumuuuumuuuuuuum. Kaputt.) und einem Cerankochfeld. Dachten wir zumindest, aber zu unserer großen Erleichterung stellte sich dann heraus, dass der Riss, den wir auf der Kochplatte entdeckten, schon vor uns dagewesen war, wir ihn nur bis dato nicht gesehen hatten. Puh. Dass die zeitliche Überlappung unserer zerstörerischen Phase und der Besuch meiner Mutter kein Zufall sein können, wie der Mann behauptet, halte ich übrigens für an den Haaren herbeigezogen.

Wir hatten also Besuch und das war richtig, richtig schön. Ich glaube, wir haben es alle genossen, ein paar Tage mal wieder ein anderes Gesicht zu sehen. Nur das Baby war anfangs verwundert, dass die Welt tatsächlich noch mehr Menschen als nur Mama, Papa und große Schwester zu bieten hat. Noch viel schöner als ein frisches Gesicht war das Extra-Paar Hände, das dreckige Münder abwischte, den Tisch abräumte, Essen kochte, spielte, kuschelte und uns einfach unter die Arme griff. Es gab sogar diesen einen Moment, als die Oma mit beiden Kindern allein in den Supermarkt gegangen war und der Mann und ich 20 Minuten himmlische Stille genießen konnten.

Apropos Stille (oder eben nicht): Das Baby entwickelt sich auch immer mehr zum Krachmacher. Da werden Bechertürme umgeworfen, mit den Patschehändchen auf die Tischplatte gehauen, gedadadat und gewawawat und überhaupt die allersüßesten Laute von sich gegeben. Außerdem sind wir jetzt offiziell in der „Rums-Phase“ angekommen. Das Baby kann mit sieben Monaten jetzt schon gut krabbeln, vergisst aber manchmal, dass es keine gute Idee ist, mittendrin einfach die Arme wegzuziehen und – rums – knallt mit dem Gesicht auf den Boden. Es kann jetzt auch schon ganz passabel sitzen, hält aber manchmal ein Spielzeug völlig fasziniert in die Luft, immer höher und höher und höher und schaut hoch und – rums – fällt um und knallt mit dem Hinterkopf aufs Parkett. Aber zum Glück sind Babys ja viel robuster, als man so denkt (woran ich mich auch immer wieder aktiv erinnern muss, wenn ich fast Schnappatmung bekomme, weil die Große mit dem Kleinen „tanzt“ und ihn dabei wie einen Hampelmann an Armen und Beinen zerrt).

„Zu lieben ohne geliebt zu werden ist traurig, aber noch trauriger ist es, nach dem Essen festzustellen, dass es Avocado gab.“

Nachdem wir die ersten zweieinhalb Wochen auf Gran Canaria wie total coole Nicht-Touris gelebt haben, haben wir doch Lust bekommen, ein bisschen mehr von der Insel zu sehen, als das viele Braun, das uns umgibt und uns leider so gar nicht anspricht. Der Mann durfte also seiner heimlichen Leidenschaft frönen und Mietwagenpreise vergleichen (stellt euch vor: Derselbe Anbieter wie auf Teneriffa ist hier 10 Euro am Tag günstiger und jetzt kommts: Das superduper Angebot, das bereits ausführlich in früheren Beiträgen erläutert wurde, gilt immer noch!). Jetzt sind wir also für eine ganze Woche stolze Supertouris mit Opel MokkaX. Aber ich sage euch: oh du süße Freiheit! Statt 2 x umsteigen und einen Kilometer an der Autobahn entlanglaufen, ist man in 10 kurzen Minütchen beim Ikea (wir mussten ja Gläserersatz besorgen).

Ein bisschen Sightseeing haben wir natürlich auch schon gemacht. Wir lasen von Puerto de Mogán, dem Klein-Venedig Gran Canarias. Klang gut, sah auf Bildern auch gut aus und war nur 45 Autominuten entfernt. Dort angekommen gab es genau einen kleinen Kanal mit ein paar Brücken darüber, 85 Souvenir- und Klamottenläden und unglaublich viele Touristen. Aber der Ort an sich war trotzdem sehr schön, mit kleinen weißen Häuschen mit schönen Farbakzenten, ganz vielen Blumen und einem tollen Hafen. Da hatte der Mann dann ein Déjà-vu und stellte fest: Hier war ich doch schon mal. Damals, als er noch jung und ungebunden war und ihm noch nicht im entferntesten schwante, dass er irgendwann in gar nicht allzu entfernter Zukunft mit einem plärrenden Baby, einem nonstop plappernden Kind und einer leicht gereizten (Hunger, ihr wisst schon), aber trotzdem reizenden Frau noch einmal herkommen würde.

Wir haben dann noch eine kleine Bootstour zu einem noch viel schlimmeren Touristrand gemacht, aber das war ok, denn es ging uns mehr um den Weg als das Ziel. Die halbe Fahrt über erzählte mir das große Kind ganz aufgeregt, wie toll das doch sei, dass wir jetzt eine Bootsfahrt machen. Die andere Häfte der Fahrt musste sie vor lauter Aufregung schlafend auf meinem Schoß verbringen. Gefahren sind wir übrigens mit einer Glasbodenfähre. Vorstellung: Woah, der ganze Boden ist aus Glas, ich leg mich auf den Bauch und sehe tausende bunte Fische, Delfine tauchen unter unserem Boot und ich bin eins mit dem Meer. Realität:

Am nächsten Tag (ja, richtig gelesen, wir Draufgänger haben zwei Ausflüge hintereinander gemacht), haben wir zwei kleine Städtchen im Landesinnern angesteuert, die auf der Must-See-Liste der meisten Urlauber wenn überhaupt ganz weit unten auftauchen: Santa Brígida und Vega de San Mateo. Und was soll ich sagen: Es war so, so schön! Nicht nur, dass wir der Insel Unrecht getan haben, als wir dachten, sie sei nur braun, trocken und voller Steine, nein, auch diese kleinen Städtchen überraschen uns immer wieder. Die haben die wunderschönsten Kirchen, wunderbar einladende Plätze mit schattigen Bäumen, tolle Cafés und Restaurants und sind zum Teil in spektakulärer Natur gelegen. Agüimes in der Woche davor war auch so ein Kandidat. Mein Appell: Wenn ihr das nächste Mal im Urlaub seid, schaut euch ruhig mal etwas an, was im Reiseführer eher beiläufig erwähnt wird. Manchmal findet man ein richtiges Juwel. Wir haben auf jeden Fall eines in Form eines Cafés gefunden, es war nämlich im Besitz einer Ikea-Spielküche. Das war in dem Moment ein Geschenk des Himmels, denn so war die Große beschäftigt, während ich mit dem Baby gerungen habe, das sich vor lauter Aufregung beim Essen gar nicht mehr einkriegte und der Mann nochmal mit dem Auto losgedüst ist zum nächstgelegenen Supermarkt, der sonntags geöffnet hat. 10 Minuten vorher hatten wir nämlich – Schreck lass nach – festgestellt, dass wir die Wickelsachen zuhause vergessen hatten. Düdüm.

Außerdem hatten wir mal wieder eine richtig nette Begegnung mit Einheimischen. Da Eltern mit Babys ja ähnlich wie Menschen mit Hunden ziemlich schnell ins Gespräch kommen, haben wir uns supernett mit einer vierköpfigen Familie in Santa Brígida unterhalten, die uns mit Ausflugszielen für unsere restliche Autowoche inkl. Café- und Restaurantempfehlungen versorgt hat. Und ihre Nummer haben sie uns auch gleich gegeben, falls wir noch irgendwas brauchen, sollen wir einfach eine Whatsapp schicken. Sowas von nett! Der erste Tipp, den sie uns gegeben haben, eine traditionsreiche Bäckerei im nächsten Ort, war schon mal Gold wert. Ich liebe es, hier Kaffee trinken zu gehen. Ein wunderbar leckerer Milchkaffee, den es zu meiner großen Freude hier überall auch entkoffeiniert gibt, kostet gerade mal 1,20 Euro. Nicht wie in Deutschland. „Waaaaas, sie wollen richtige echte Milch in Ihren Kaffee, keine Kaffeesahne? Macht 3,50 Euro!“ Der Mann trinkt hier meistens Cortado, also Espresso mit Milch, und die große Version kostet maximal 1 Euro, manchmal auch nur 80 Cent. Herrlich!

In diesem Sinne freue ich mich auf den nächsten Kaffee außer Haus und wünsche euch eine wunderschöne Woche! PS: Mal sehen, wer zuerst die Weihnachtssüßigkeiten im Supermarkt entdecket!

 

 

 

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